Plötzlich ist sie da – die Welle der Emotionen
Du sitzt im Auto, in einem Meeting oder beim Abendessen – und plötzlich reißt dich eine Emotion mit. Dein Herz rast, dein Bauch zieht sich zusammen. Vielleicht ist es die Angst, die dich lähmt, oder die Wut, die dich innerlich hochkochen lässt.
Manchmal auch diese tiefe Traurigkeit, die sich wie eine Decke über dich legt.
Was wäre, wenn deine Emotionen keine Feinde wären, sondern Botschaften?
Warum Gefühle/Emotionen manchmal so übermächtig werden
Man sagt gerne, man soll Emotionen „zulassen“. Doch seien wir ehrlich, manche Gefühle fühlen sich an, als würden sie uns verschlingen.
Vielleicht kennst du das:
Du willst ruhig bleiben, aber dein Herz schlägt wie verrückt, deine Hände zittern.
Ein Streit eskaliert, weil du vor Wut explodierst, obwohl du es eigentlich anders machen wolltest.
Du fühlst dich traurig oder leer, kannst aber nicht genau sagen, warum.
Die Wahrheit ist, Gefühle sind kein Störfaktor. Sie sind ein eingebautes Alarmsystem.
Dein Körper schaltet auf Kampf, Flucht oder Erstarrung – oft schneller, als du denken kannst.
Angst? Dein System denkt, du musst fliehen.
Wut? Dein System geht in den Kampfmodus.
Traurigkeit? Dein System zieht sich zurück, um sich zu schützen.
Das bedeutet aber auch: Du bist nicht „zu emotional“.
Dein Körper macht genau das, wofür er programmiert ist.
Ein Fall aus der Praxis

Vor ein paar Wochen saß eine Klientin bei mir. Sie ist Mitte 30, erfolgreich im Beruf, eigentlich eine selbstbewusste Frau. Doch sie kam zu mir, weil sie sagte: „Ich raste aus, ohne es zu wollen. Ich schreie meinen Partner an, und danach hasse ich mich dafür.“
Wir haben uns gemeinsam ihre Reaktionen angeschaut. Immer dann, wenn sie sich unverstanden fühlte, wenn sie das Gefühl hatte, nicht ernst genommen zu werden, brach die Wut über sie herein. Und danach kam die Schuld.
Als wir tiefer gingen, wurde klar: Die Wut war alt. Sie war nicht nur an ihren Partner gerichtet. Sie erinnerte sie an all die Momente in ihrer Kindheit, in denen sie um Aufmerksamkeit kämpfen musste – und nicht gehört wurde.
Was sie brauchte, war nicht, die Wut „wegzumachen“. Sondern zu verstehen, was hinter ihr lag.
Als sie begann, ihre Emotionen bewusst wahrzunehmen und sich selbst ernst zu nehmen, wurde etwas anders. Sie lernte, sich nicht erst dann Gehör zu verschaffen, wenn sie schon am Explodieren war – sondern viel früher.
Was kannst du tun, wenn dich Gefühle überrollen?

1. Erkenne, was wirklich los ist
Wenn Emotionen hochkommen, reagieren wir oft sofort: „Ich darf nicht so fühlen! Ich muss das stoppen!“
Doch genau das verstärkt das Gefühl.
Stattdessen: Mach eine kurze Pause.
Stell dir die Frage: „Welche Emotion ist das – und was will sie mir sagen?“
Das allein kann den Druck schon rausnehmen. Dein Gehirn liebt Klarheit.
Übung
Schließe für zehn Sekunden die Augen. Spüre in dich hinein.
Sag dir: „Es ist okay, dass ich das fühle. Ich darf es benennen.“
2. Finde einen Anker, um wieder ins Jetzt zu kommen
Emotionen fühlen sich an wie ein Sturm. Aber du bist nicht der Sturm – du bist derjenige, der ihn beobachtet.
Drei einfache Wege, um dich zu verankern:
5-4-3-2-1-Technik Schau dich um und benenne fünf Dinge, die du siehst, vier Dinge, die du hörst, drei Dinge, die du fühlst, zwei Dinge, die du riechst, eine Sache, die du schmeckst.
Selbstberührung Leg eine Hand auf dein Herz oder reibe sanft deine Arme. Dein Körper versteht diese Berührung als „Ich bin sicher“.
Bewegung Steh auf, geh kurz herum oder schüttle dich aus. Dein Nervensystem liebt Bewegung, um Stress abzubauen.
Je häufiger du diese Übungen machst, desto schneller findet dein Körper zur Ruhe zurück.
3. Regulieren, nicht unterdrücken
Viele Menschen haben gelernt, Wut runterzuschlucken, Angst zu verdrängen oder „schnell wieder gut drauf zu sein“. Doch Gefühle, die keinen Raum bekommen, bleiben im Körper stecken und kommen später verstärkt zurück.
Lass sie da sein – aber lenke sie.
Schreib auf:
Was hätte ich in diesem Moment gebraucht?
Welche andere Möglichkeit gibt es, mit dieser Emotion umzugehen?
Manchmal hilft es auch, mit jemandem zu reden.
Ein ehrliches Gespräch kann mehr lösen als tausend Analysen.
Was, wenn du immer wieder in den gleichen Emotionen hängen bleibst?
Es gibt Gefühle, die tauchen immer wieder auf. Vielleicht ist es die Angst, nicht gut genug zu sein. Die Wut, nicht gehört zu werden. Die Traurigkeit, sich allein zu fühlen.
Diese Gefühle haben eine Geschichte. Und manchmal brauchen sie eine andere Antwort als nur eine Atemübung.
Falls du merkst, dass dich bestimmte Emotionen immer wieder überrollen, kann es helfen, sie aus einer neuen Perspektive zu betrachten. Manchmal liegt die Lösung näher, als es scheint.

Fazit: Emotionen sind kein Problem – sie sind Wegweiser
Du musst deine Gefühle nicht „wegmachen“. Viel wichtiger ist es, mit ihnen zu arbeiten.
Emotionen kommen – aber sie gehen auch wieder.
Du bist nicht deine Angst, nicht deine Wut, nicht deine Panik – du bist viel mehr als das.
Sobald du deine Gefühle annehmen kannst, verlierst du die Angst davor, sie zu fühlen.
Manchmal hilft es, sich solche Impulse abzuspeichern, um später darauf zurückzukommen. Oder vielleicht kennst du jemanden, dem dieser Artikel gerade gut tun könnte.
Vielleicht gibt es gerade eine Emotion, die dich immer wieder begleitet. Manchmal hilft ein neuer Blickwinkel, um etwas zu verstehen, das sich schon lange festgesetzt hat. Falls du das Gefühl hast, dass du dir das nicht allein anschauen möchtest, können wir das gerne gemeinsam tun.
Falls dieser Artikel dir neue Impulse gegeben hat, speichere ihn dir ab oder teile ihn mit jemandem, der sich in einer ähnlichen Situation wiederfindet. Manchmal reicht ein einziger Satz, um eine neue Perspektive zu öffnen.
Was hilft dir, wenn dich eine starke Emotion überrollt? Teile deine Gedanken in den Kommentaren – ich freue mich auf den Austausch!
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