Wie kognitive Dissonanz im Gehirn wirklich funktioniert – und warum dein Verstand dich manchmal lieber belügt, als ehrlich zu sein
- Mariangela Carta
- 15. Apr.
- 4 Min. Lesezeit
Wenn du tief in dir spürst: Irgendetwas passt nicht – aber du kannst es nicht greifen
Sie sitzt vor mir, verschränkt die Arme, ihr Blick gleitet aus dem Fenster.„Ich weiß, das klingt verrückt“, sagt sie. „Aber irgendwie fühlt sich mein Leben falsch an. Und gleichzeitig traue ich mich nicht, etwas zu verändern. Ich finde immer neue Gründe, warum es so bleiben muss.“
Ein ganz normaler Dienstagmorgen in meiner Praxis.
Ein ganz alltäglicher, menschlicher Zustand: Kognitive Dissonanz.
Vielleicht kennst du das auch.
Du tust Dinge, die nicht zu deinen Werten passen.
Bleibst in Beziehungen, die sich nicht mehr gut anfühlen. Arbeitest gegen dich, obwohl du längst spürst: So geht es nicht weiter.
Und trotzdem redest du dir ein, dass es „noch geht“.
Warum ist das so?
Was kognitive Dissonanz wirklich ist – einfach erklärt
Kognitive Dissonanz entsteht immer dann, wenn zwei Überzeugungen, Werte oder Handlungen nicht zusammenpassen.
Dein Inneres gerät aus dem Gleichgewicht.
Du willst gesund leben – isst aber zum dritten Mal in der Woche Fast Food. Du willst authentisch sein – sagst aber „Ja“, obwohl du „Nein“ meinst. Du willst Veränderung – bleibst aber aus Angst im Alten.
Diese innere Spannung, dieses Ziehen im Bauch, dieses nervöse Denken – das ist dein System, das sagt: „Etwas stimmt hier nicht.“
Und weil dieser Zustand unangenehm ist, sucht dein Verstand schnell nach einer Lösung. Aber nicht nach der wahrhaftigen – sondern nach der, die am wenigsten wehtut.
Warum dein Verstand dich lieber schützt, als ehrlich ist
Unser Gehirn ist ein cleverer Vermeider. Es will Sicherheit, keine Wahrheiten. Und es liebt Kohärenz – also das Gefühl, dass alles „zusammenpasst“. Wenn es nicht passt, beginnt die Show:
„So schlimm ist es nicht.“
„Andere haben es viel schwerer.“
„Ich sollte dankbar sein.“
Klingt vernünftig. Ist es aber oft nicht. Es ist Selbstschutz. Ein inneres Pflaster auf eine Wunde, die nicht mal richtig angeschaut wurde.
Das ist keine Schwäche. Es ist menschlich. Aber wenn du dauerhaft gegen dein inneres Wissen lebst, kostet es dich Kraft, Klarheit und irgendwann auch dein Selbstvertrauen.
Woran du erkennst, dass du mitten in einer Dissonanz steckst
Du musst kein Psychologiebuch lesen, um kognitive Dissonanz zu erkennen. Dein Körper sagt es dir. Dein Bauchgefühl flüstert es. Deine Gedanken drehen sich im Kreis. Du wirst innerlich müde, obwohl du „alles richtig“ machst.
Hier ein paar typische Anzeichen:
Du findest ständig neue Argumente, warum alles okay ist – fühlst aber keine echte Zufriedenheit.
Du tust etwas, das gegen dein Gefühl geht, und rechtfertigst es danach minutenlang.
Du spürst innere Unruhe, Schlaflosigkeit oder Anspannung – ohne „Grund“.
In der systemischen Therapie sprechen wir von „Stimmen im inneren System“, die sich widersprechen. Eine will Sicherheit, die andere will Freiheit. Eine will gefallen, die andere endlich echt sein.
Eine Geschichte aus der Praxis
Jana, 39, Mutter von zwei Kindern, gut im Job, herzlich, reflektiert. Aber: erschöpft. Immer öfter gereizt. Innerlich leer.
„Ich habe alles, was ich mir immer gewünscht habe. Warum fühlt sich dann alles so sinnlos an?“
Im Gespräch wird schnell klar: Sie lebt ein Leben, das nicht mehr zu ihr passt – hält aber daran fest, aus Loyalität, aus Angst, aus Gewohnheit. Der Satz, der alles verändert:
„Ich habe aufgehört, mir selbst zu glauben.“
Das war der Moment, in dem sie sich traute, die Wahrheit zuzulassen. Nicht sofort. Aber Schritt für Schritt. Und genau darum geht es bei kognitiver Dissonanz: Nicht um richtig oder falsch. Sondern um ehrlich oder bequem.
Was systemische Therapie so wertvoll macht bei innerer Zerrissenheit
Systemisches Arbeiten bedeutet: Wir schauen nicht nur auf dich – sondern auf das System, in dem du lebst und geworden bist.
Welche Stimmen beeinflussen dich?
Woher kommt das Muster, immer zu funktionieren?
Für wen trägst du Dinge, die nicht deine sind?
Welchen Preis zahlst du, um dazuzugehören?
Systemische Therapie urteilt nicht. Sie entwirrt. Sie hilft dir, Muster zu erkennen – und neue, stimmigere Wege zu entwickeln.
Nicht mit Druck, sondern mit Klarheit.
Nicht von außen, sondern aus dir heraus.
Wie du mit Dissonanz umgehen kannst – ohne dich selbst zu verlieren
1. Hör auf dein Unwohlsein
Nicht jedes Ziehen im Bauch ist ein Zeichen von Schwäche. Manchmal ist es dein inneres Wissen, das sich bemerkbar macht.
2. Schreib es auf
Was tue ich? Was denke ich? Was fühle ich? Was passt nicht zusammen?
Oft wird schon beim Schreiben klar, wo du dir nicht treu bist.
3. Sprich es aus
Mit einem Menschen deines Vertrauens. Oder mit dir selbst.
Im Spiegel.
Laut.
Echt.
Sag, was du wirklich denkst – ohne es zu entschuldigen.
4. Gib dir Zeit
Dissonanz muss nicht sofort gelöst werden. Manchmal reicht es, sie da sein zu lassen – und ehrlich hinzuschauen. Veränderung beginnt oft mit dem Zulassen von Unklarheit.
Einladung an dich
Vielleicht erkennst du dich irgendwo in diesem Text.
Vielleicht spürst du: „Da ist etwas in mir, das gesehen werden will.“
Dann möchte ich dir sagen: Du musst diesen Weg nicht allein gehen.
Systemische Therapie kann dir helfen, wieder in Einklang mit dir zu kommen. Nicht, weil du kaputt bist – sondern weil du mehr in dir trägst, als du gerade leben kannst.
Lust auf mehr innere Stimmigkeit?
In Kürze erscheint mein kostenfreies Mini-Workbook: „Was willst du dir selbst nicht mehr erzählen?“ 5 ehrliche Fragen, eine systemische Übung – für alle, die ihre Wahrheit wieder hören wollen.
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Fazit: Du darfst ehrlich mit dir sein – auch wenn es unbequem ist
Kognitive Dissonanz ist kein Fehler, sondern ein innerer Hinweis: Da ist etwas, das du fühlst, aber nicht lebst. Etwas, das sich reiben darf – bis es sich wandelt.
Vielleicht ist heute der Tag, an dem du beginnst, deiner Wahrheit wieder zu vertrauen. Nicht auf einen Schlag. Aber Satz für Satz. Schritt für Schritt. Und manchmal reicht genau das -> Ein erster ehrlicher Moment mit dir selbst.
Wenn du möchtest, begleite ich dich gern ein Stück auf deinem Weg. In einem geschützten Rahmen. Mit Blick fürs Ganze. Und mit offenem Herzen.
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