In der Praxis kommt es oft vor, dass Menschen gar nicht wissen, wer sie wirklich sind, weil sie damit so beschäftigt sind, anderen Leuten zu gefallen.
Dieses Verhalten, auch bekannt als "Peoplepleasing", mag oberflächlich betrachtet wie eine lobenswerte Eigenschaft erscheinen, jedoch birgt es eine Fülle von Risiken und Fallstricken.
Was ist Peoplepleasing?
Peoplepleasing beschreibt das Verhalten, ständig die Bedürfnisse und Erwartungen anderer über die eigenen zu stellen. Menschen, die diesem Muster folgen, neigen dazu, Konflikte zu vermeiden, indem sie anderen gefallen und deren Zustimmung suchen, selbst auf Kosten ihres eigenen Wohlbefindens. Diese Menschen können Schwierigkeiten haben, "Nein" zu sagen und ihre eigenen Grenzen zu setzen, aus Angst, andere zu enttäuschen oder abzulehnen.
Die 5 häufigsten Gründe, warum Menschen zu "Peoplepleasern" werden
Frühe Prägungen: Die Art und Weise, wie wir in unserer Kindheit erzogen wurden, kann einen großen Einfluss darauf haben, ob wir dazu neigen, es anderen recht machen zu wollen. Kinder, die in einem Umfeld aufgewachsen sind, in dem ihre Bedürfnisse vernachlässigt oder übersehen wurden, könnten lernen, dass ihre eigene Selbstachtung davon abhängt, anderen zu gefallen.
Angst vor Ablehnung: Die Angst vor Ablehnung oder Konflikten kann dazu führen, dass Menschen dazu neigen, es anderen recht machen zu wollen, um Zustimmung und Akzeptanz zu erhalten. Sie fürchten sich davor, abgelehnt oder kritisiert zu werden, und glauben, dass sie durch das Erfüllen der Erwartungen anderer Belohnung und Anerkennung erhalten.
Niedriges Selbstwertgefühl: Menschen mit einem niedrigen Selbstwertgefühl könnten dazu neigen, ihre eigenen Bedürfnisse und Meinungen herunterzuspielen und stattdessen die Bedürfnisse anderer über ihre eigenen zu stellen. Sie suchen Bestätigung von außen, um ihr Selbstwertgefühl zu stärken, und glauben, dass sie durch das Erfüllen der Erwartungen anderer ihren Wert beweisen können.
Soziale Normen: In vielen Kulturen und Gesellschaften wird das "Gefallen-Wollen" oft als positive Eigenschaft angesehen. Menschen könnten dazu ermutigt werden, sich anzupassen und harmonische Beziehungen zu pflegen, selbst wenn es bedeutet, ihre eigenen Bedürfnisse hintanzustellen.
Vermeidung von Konflikten und Unbehagen: Menschen, die sich unwohl oder unsicher fühlen, wenn sie mit Konflikten konfrontiert sind, könnten dazu neigen, es anderen recht zu machen, um jegliche potenziell unangenehme Situationen zu umgehen. Sie wählen den Weg des geringsten Widerstands, indem sie Kompromisse eingehen und sich den Wünschen anderer unterordnen, um Konfrontationen zu vermeiden und eine vermeintliche Harmonie aufrechtzuerhalten. Diese Vermeidungsstrategie kann zu einem eingefahrenen Muster führen, bei dem die Person ihre eigenen Bedürfnisse zurückstellt, um nur ja keine Reibungspunkte zu verursachen.
Es ist wichtig, diese verschiedenen Gründe zu verstehen, um Menschen dabei zu helfen, aus dem Muster des "Peoplepleasings" auszubrechen und ein authentischeres Leben zu führen.
Die häufigsten systemischen Kontexte, in denen Peoplepleasing am weitesten verbreitet ist!
Arbeitsplatz: Am Arbeitsplatz kann Peoplepleasing sich auch in Form von übermäßigen Überstunden manifestieren. Ein Mitarbeiter könnte dazu neigen, regelmäßig Überstunden zu machen, um den Erwartungen seines Chefs oder seiner Kollegen gerecht zu werden, selbst wenn dies zu seiner eigenen Erschöpfung und Vernachlässigung anderer Lebensbereiche führt. Diese übermäßigen Arbeitsstunden können zu chronischem Stress, Burnout und einer Verschlechterung der Work-Life-Balance führen. Trotz der negativen Auswirkungen auf die Gesundheit und das Wohlbefinden kann der Mitarbeiter aus einem Bedürfnis heraus handeln, sich anzupassen und den Erwartungen anderer zu entsprechen, anstatt auf seine eigenen Grenzen und Bedürfnisse zu achten.
Ein weiteres Beispiel für Peoplepleasing am Arbeitsplatz ist die unangemessene Priorisierung der Bedürfnisse anderer über die eigenen. Ein Mitarbeiter könnte dazu neigen, seine eigenen Arbeitsaufgaben und Projekte zu vernachlässigen, um anderen zu helfen oder ihre Anfragen zu erfüllen. Dies kann zu einem Mangel an Produktivität und Effizienz führen, da der Mitarbeiter seine Zeit und Energie auf die Erfüllung der Erwartungen anderer anstatt auf seine eigenen Ziele und Aufgaben verwendet. Letztendlich kann dies zu Frustration, Unzufriedenheit und einem Gefühl der Überforderung führen, da der Mitarbeiter seine eigenen Ziele und Prioritäten vernachlässigt, um den Anforderungen anderer gerecht zu werden.
Es ist wichtig zu beachten, dass diese Formen des Peoplepleasings oft von Führungskräften übersehen werden können. Ein gutes Führungskräfte-Coaching kann hier Wunder bewirken, denn oft kennen sie die Mitarbeitermerkmale des Peoplepleasers nicht und wundern sich, wenn der Mitarbeiter sich plötzlich im längeren Krankenstand wegen Burnout befindet. Ein Coaching kann Führungskräfte sensibilisieren und ihnen helfen, die Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter besser zu erkennen und angemessen darauf zu reagieren, um ein gesundes Arbeitsumfeld zu fördern.
Familie: Innerhalb der Familie können Peoplepleaser oft versuchen, familiäre Harmonie aufrechtzuerhalten, indem sie ihre eigenen Bedürfnisse zurückstellen. Dies kann zu einem Gefühl der Überverantwortung führen und zu einem Muster, in dem die eigenen Wünsche ignoriert werden. Beispielsweise könnte ein Familienmitglied regelmäßig auf Familienfeiern oder Veranstaltungen erscheinen, obwohl es innerlich stark belastet ist, nur um den Erwartungen der Familie zu entsprechen und Konflikte zu vermeiden.
Ein nennenswertes weiteres Beispiel könnte sein, dass ein Familienmitglied seine eigenen Lebensentscheidungen und Träume aufgibt, um die Bedürfnisse oder Wünsche der Eltern oder Geschwister zu erfüllen.
Freundeskreis: Auch im sozialen Umfeld kann Peoplepleasing stattfinden, wenn man versucht, sich in die Gruppe einzufügen und Konflikte zu vermeiden, selbst wenn es auf Kosten der eigenen Integrität geht. Ein Beispiel dafür könnte sein, dass jemand in einer Gruppe von Freunden seine eigenen Interessen, Meinungen oder Werte unterdrückt, um akzeptiert oder gemocht zu werden. Dies kann dazu führen, dass die Person sich unwohl oder unauthentisch fühlt und letztendlich ihre eigene Identität vernachlässigt, um den Erwartungen der Gruppe gerecht zu werden.
Auch könnte es oft im Freundeskreis passieren, dass jemand regelmäßig finanzielle Opfer bringt, um die Bedürfnisse oder Wünsche seiner Freunde zu erfüllen, selbst wenn dies zu finanziellen Schwierigkeiten oder Ungerechtigkeiten führt. Diese Person könnte sich dazu verpflichtet fühlen, immer für andere zu bezahlen oder sich an Aktivitäten zu beteiligen, die sie sich eigentlich nicht leisten kann, aus Angst davor, als geizig oder unsozial angesehen zu werden.
Die Fallstricke des Peoplepleasing:
Die "Fallstricke des Peoplepleasing" beziehen sich auf die negativen Auswirkungen und Probleme, die mit dem ständigen Bemühen verbunden sind, es anderen recht zu machen und die eigenen Bedürfnisse hintanzustellen.
Verlust der eigenen Identität: Menschen, die ständig darauf bedacht sind, anderen zu gefallen, laufen Gefahr, ihre eigene Identität zu verlieren. Indem sie ihre eigenen Bedürfnisse und Meinungen vernachlässigen, können sie sich zunehmend entfremden und nicht mehr wissen, wer sie wirklich sind.
Erschöpfung und Burnout: Der ständige Druck, es allen recht zu machen, kann zu chronischem Stress und Erschöpfung führen. Menschen, die unter Peoplepleasing leiden, setzen sich oft über ihre eigenen Grenzen hinweg und vernachlässigen ihre Bedürfnisse, was langfristig zu Burnout führen kann.
Beziehungsprobleme: Ironischerweise kann übermäßiges Peoplepleasing zu Spannungen und Konflikten in zwischenmenschlichen Beziehungen führen. Wenn man ständig versucht, anderen zu gefallen, anstatt authentisch zu sein, kann das zu einer ungesunden Dynamik führen, in der Respekt und Ehrlichkeit verloren gehen.
Es ist entscheidend, die Balance zwischen Fürsorge für andere und Selbstachtung zu finden, um authentisch und gesund zu bleiben.
Selbsttest: Bist du ein Peoplepleaser?
Beantworte für dich die Fragen am Ende des Blogs mit ja oder Nein. Die Auswertung findest du am Ende des Blogbeitrages.
Systemische Therapie und Peoplepleasing
Systemische Therapie kann ein wertvolles Werkzeug sein, um Menschen dabei zu helfen, ihre Muster des Peoplepleasing zu erkennen und zu überwinden. In der systemischen Therapie wird der Fokus nicht nur auf das Individuum gelegt, sondern auch auf die Beziehungen und sozialen Systeme, in die es eingebunden ist.
Oft sind Peoplepleaser in einem komplexen Geflecht von Beziehungen gefangen, in denen sie bestimmte Rollen einnehmen und bestimmte Erwartungen erfüllen müssen. Durch die systemische Therapie können diese Muster aufgedeckt und verstanden werden und es können neue Wege gefunden werden, um mit anderen in Beziehung zu treten, die auf Authentizität und Selbstfürsorge basieren.
Wie ich helfen kann?
Als Therapeutin habe ich Erfahrung darin, Menschen dabei zu unterstützen, ihre Muster des Peoplepleasing zu erkennen und zu überwinden. Durch die systemische Therapie können wir gemeinsam die Dynamiken und Muster in deinen Beziehungen untersuchen und neue Wege finden, um authentischer zu sein und für deine eigenen Bedürfnisse einzustehen.
Durch Selbstreflexion, Unterstützung durch Therapie oder Coaching und das Erlernen gesunder Bewältigungsstrategien können meine Klienten lernen, ihre eigenen Bedürfnisse zu erkennen, zu kommunizieren und zu respektieren, während sie gleichzeitig gesunde Beziehungen aufbauen und Konflikte konstruktiv bewältigen. Es ist ein Prozess der persönlichen Entwicklung und Selbstentdeckung, der dazu führen kann, dass meine Klienten ein erfüllteres und authentischeres Leben führen.
Falls du unsicher bist, ob du zu den Menschen gehörst, die dazu neigen, es anderen recht zu machen, zögere nicht, mich per E-Mail zu kontaktieren oder das Kontaktformular zu nutzen.
Selbsttest: Bist du ein Peoplepleaser?
Frage 1: Fühlst du dich oft unwohl, wenn du "Nein" zu jemandem sagen musst?
Frage 2: Opferst du häufig deine eigenen Bedürfnisse zugunsten der Bedürfnisse anderer?
Frage 3: Versuchst du, Konflikte um jeden Preis zu vermeiden?
Frage 4: Bist du besorgt über die Meinung anderer, selbst wenn es dich belastet?
Frage 5: Fällt es dir schwer, deine eigenen Grenzen zu setzen?
Frage 6: Findest du es schwierig, deine eigenen Wünsche und Ziele klar zu kommunizieren?
Frage 7: Empfindest du ein starkes Bedürfnis nach Zustimmung und Anerkennung von anderen?
Frage 8: Opferst du deine eigenen Interessen, um anderen zu gefallen?
Frage 9: Hast du Angst vor Ablehnung oder Kritik?
Frage 10: Fühlst du dich oft gestresst oder überfordert, weil du versuchst, es allen recht zu machen?
Auswertung des Selbsttests:
Wenn du 7 oder mehr Fragen mit "Ja" beantwortet hast, deutet dies darauf hin, dass du wahrscheinlich ein starkes Peoplepleasing-Verhalten aufweist. Es besteht die Möglichkeit, dass du deine eigenen Bedürfnisse oft zugunsten der Bedürfnisse anderer vernachlässigst und es dir schwer fällt, klare Grenzen zu setzen.
Wenn du 4 bis 6 Fragen mit "Ja" beantwortet hast, gibt es Anzeichen dafür, dass du gelegentlich zum Peoplepleasing neigen könntest. Es lohnt sich, genauer darüber nachzudenken, wie oft du dich in solchen Verhaltensweisen wiederfindest und wie stark sie dein Leben beeinflussen.
Wenn du weniger als 4 Fragen mit "Ja" beantwortet hast, ist es weniger wahrscheinlich, dass du ein ausgeprägtes Peoplepleasing-Verhalten aufweist. Es scheint, dass du in der Regel gut in der Lage bist, deine eigenen Bedürfnisse zu erkennen und zu kommunizieren, ohne sie ständig anderen unterzuordnen.
Es ist wichtig zu beachten, dass dieser Selbsttest nur als Richtlinie dient und kein professionelles Diagnosewerkzeug ist. Wenn du Bedenken hast oder weitere Unterstützung benötigst, kann es hilfreich sein, mit einem Therapeuten oder Berater zu sprechen, der dir dabei helfen kann, deine Gedanken und Verhaltensweisen genauer zu verstehen.