Wenn Nähe schmerzt – warum emotionale Abgrenzung so wichtig ist
- Mariangela Carta

- 29. Okt.
- 8 Min. Lesezeit
Wenn Liebe zu eng wird
Sie saßen nebeneinander auf dem Sofa.
Er redete, sie nickte – und in ihr schrie alles: Ich kann das nicht mehr hören.
Nicht, weil sie ihn nicht liebte.
Sondern weil sie sich selbst in dieser Beziehung langsam verlor.
Kennst du das?
Wenn Nähe irgendwann zu viel wird, aber Distanz sich sofort nach Schuld anfühlt?
Wenn du dich zurückziehst und gleichzeitig Angst hast, etwas kaputtzumachen?
Emotionale Abgrenzung ist kein Rückzug.
Sie ist Selbstschutz, bevor du dich selbst verlierst –
und manchmal der einzige Weg, in Verbindung zu bleiben, ohne dich aufzugeben.
Das unsichtbare Dilemma: Nähe als Bedürfnis und als Überforderung
Nähe ist ein Grundbedürfnis.
Aber sie wird zur Belastung, wenn sie zu eng wird.
Viele Menschen verwechseln Nähe mit Verschmelzung:
Wir müssen alles miteinander teilen,
Wir müssen immer erreichbar sein,
Wir müssen uns alles sagen.
Doch emotionale Nähe hat nichts mit Dauerverfügbarkeit zu tun, sondern mit Echtheit.
Wenn du dich selbst nicht mehr spürst, um den anderen nicht zu verlieren,
dann überschreitest du die Grenze, die dich eigentlich schützen soll.
Viele handeln nicht aus Liebe, sondern aus Angst.
Angst, nicht genug zu sein.
Angst, Konflikte auszulösen.
Angst, verlassen zu werden.

Warum emotionale Abgrenzung so schwerfällt
Systemisch betrachtet hängt emotionale Abgrenzung selten nur mit dem aktuellen Partner zusammen.
Oft trägt sie die Handschrift unserer Herkunft.
In jeder Familie gibt es unsichtbare Regeln:
Wie viel Nähe war erlaubt und ab wann wurde sie zu viel?
Wer durfte laut sein – und wer musste still bleiben, damit Frieden herrschte?
Wem wurde Verantwortung zugeschoben – und wer durfte sich fallen lassen?
Wenn du gelernt hast, dich anzupassen, um gemocht zu werden, dann hast du wahrscheinlich früh gespürt,
dass Liebe an Bedingungen geknüpft war.
Vielleicht wurdest du gelobt, wenn du brav warst,
aber übergangen, wenn du wütend warst.
Vielleicht hast du gelernt, andere zu trösten,
bevor jemand merkte, dass du selbst Trost brauchtest.
Diese frühen Prägungen formen, wie du heute Nähe erlebst.
Sie bestimmen, wie viel du gibst, bevor du dich leer fühlst.
Und sie flüstern dir ein, dass Abstand gefährlich sei,
obwohl er oft das ist, was dich rettet.
Wenn du als Kind gelernt hast, dass Rückzug Strafe bedeutet,
dann fühlt sich Selbstschutz im Erwachsenenleben wie Liebesentzug an.
Und genau deshalb fällt es so schwer, Grenzen zu setzen, ohne Schuld zu empfinden.
Dann sagst du nicht: „Ich brauche Raum.“
Du lächelst und funktionierst.
Du erklärst dich, statt dich zu spüren.
Und irgendwann merkst du, dass du innerlich müde wirst –ohne genau zu wissen, warum.
Was in dir passiert, wenn du dich zu sehr anpasst
Psychologisch gesehen entsteht in Momenten,
in denen du dich zu sehr anpasst,
eine schleichende Form von Selbstentfremdung.
Du beginnst, deinen inneren Kompass nach außen zu richten – auf Stimmungen, Erwartungen und unausgesprochene Bedürfnisse anderer.
Du spürst schneller, was jemand anderes braucht, als was du selbst fühlst.
Und mit jedem Mal, in dem du dich zurücknimmst, verlierst du ein Stück deiner inneren Orientierung.
Diese Dynamik beginnt meist unbemerkt.
Du möchtest Frieden. Harmonie. Nähe.
Also passt du dich an – erst ein bisschen, dann ein bisschen mehr.
Du erklärst dich, entschuldigst dich, übernimmst Verantwortung für Gefühle, die gar nicht deine sind.
Irgendwann weißt du nicht mehr, ob du Ja sagst, weil du willst – oder weil du Angst hast, Nein zu sagen.
Dein Nervensystem bleibt im Dauer-Alarm:
Du scannst jede Reaktion, jede Geste, jede Pause.
Und während du äußerlich ruhig bleibst, entsteht innerlich Druck.
Nähe bedeutet dann nicht mehr Wärme, sondern Anstrengung.
Du hältst Beziehungen mit Kraft zusammen, die du gar nicht mehr hast.
In Partnerschaften zeigt sich das so:
Du übernimmst die emotionale Verantwortung für beide,
entschuldigst dich zuerst,
glättest Wogen, auch wenn du selbst verletzt bist.
Du tröstest andere, während du innerlich leer bist.
Das alles ist kein Charakterfehler – es ist ein alter Überlebensmechanismus.
Eine Strategie, die dir früher Sicherheit gegeben hat, aber dich heute ausbrennt.
Bis du irgendwann weinst, ohne genau zu wissen, warum.

Wenn Nähe schmerzt – der Wendepunkt
Es gibt diesen Moment,
in dem du merkst: Ich kann so nicht weitermachen.
Aber du willst auch nicht gehen.
Das ist kein Scheitern.
Es ist der Anfang von Bewusstsein.
Denn wenn du aufhörst, den anderen zu retten und beginnst, dich selbst zu spüren entsteht etwas Neues : Selbstkontakt.
Er ist der Beginn jeder echten Nähe –nicht die, in der du dich verlierst,
sondern die, in der du bleibst, weil du dich wieder fühlst.
Wahre Verbindung braucht keine ständige Verschmelzung,
sondern zwei Menschen, die sich selbst halten können.

Emotionale Abgrenzung verstehen – im Carta Klartext Video
Vielleicht willst du das jetzt nicht nur lesen,
sondern spüren, wie sich das anfühlt, bei dir zu bleiben – auch wenn Nähe weh schmerzt.
In diesem Video spreche ich darüber, wie du lernst, Grenzen zu halten,
ohne dich innerlich zu verschließen und warum emotionale Abgrenzung kein Rückzug ist, sondern ein Weg zurück zu dir selbst.
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emotionale Abgrenzung,
Nähe und Distanz
und Selbstschutz in Beziehungen.
Vielleicht spürst du nach dem Video, dass du manches anders siehst – oder tiefer fühlst.
Genau da beginnt echte Veränderung: im Bewusstsein, dass du dich halten kannst, während du verbunden bleibst.
Nähe ohne Selbstverlust – wie emotionale Abgrenzung dich stärkt
Ja, es geht.
Aber sie braucht Bewusstsein und Mut.
Denn emotionale Abgrenzung ist keine Mauer – sie ist ein Tor.
Du entscheidest, wer und was hindurch darf.
Drei Schritte, die dich dahin führen:
1. Erkenne dein Muster
Nähe schmerzt selten plötzlich – sie überfordert, wenn alte Schutzmuster anspringen.
Frag dich ehrlich: Wann gibst du zu viel?
In welchen Momenten spürst du, dass du dich kleiner machst, um den anderen nicht zu verlieren?
Meist steckt darunter keine Liebe, sondern die Angst, abgelehnt oder übersehen zu werden.
Dieses Muster will dich schützen: „Wenn ich mich anpasse, bleibe ich sicher.“
Doch Sicherheit und Selbstverleugnung schließen sich auf Dauer aus.
Versuch, dich zu beobachten, ohne dich zu bewerten.
Nur wahrnehmen.
Denn Bewusstheit ist der erste Schritt zu Veränderung – nicht Disziplin.
2. Kommuniziere ehrlich
Abgrenzung heißt nicht, dich zu rechtfertigen –sie heißt, deine Wahrheit klar auszusprechen.
Sag nicht, was der andere falsch macht, sondern was du brauchst.
Zum Beispiel: „Ich merke, dass ich gerade Rückzug brauche, um wieder klarer zu werden.“
So bleibst du im Kontakt, statt dich zu verschließen.
Und ja – es wird Momente geben, in denen du zittrig wirst,
dein Herz rast,
dein Atem stockt.
Das ist dein Nervensystem, das alte Grenzen überprüft.
Du darfst dich dabei unsicher fühlen.
Das ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Wachstum.
3. Bleib bei dir – auch wenn es wackelt
Die wahre Übung beginnt nicht im Reden, sondern im Aushalten.
Nähe darf sich ungewohnt anfühlen,
wenn du es gewohnt bist, dich selbst zu verlieren.
Bleib im Körper: spür deinen Atem,
spür, wie deine Füße den Boden berühren.
Sag dir innerlich: „Ich darf da sein – auch wenn es jetzt unangenehm ist.“
Denn deine Stabilität wächst nicht,
wenn du alles kontrollierst, sondern wenn du lernst, dich selbst zu halten.
Und genau da entsteht der Wendepunkt:
Wo du dich nicht mehr ständig erklären musst,
sondern still weißt: Ich darf Grenzen haben – und Liebe trotzdem leben.
Wenn Nähe schmerzt, beginnt die Heilung
Ich habe oft Menschen begleitet, die sagten:
Und meist war das der Moment, in dem sie zum ersten Mal nicht über den anderen sprachen, sondern über sich selbst.
In dieser Stille entsteht etwas Neues: Selbstkontakt.
Er ist der Anfang jeder echten Nähe.
Denn wahre Verbindung braucht keine ständige Verschmelzung, sondern zwei Menschen, die sich selbst halten können.
Fazit – Nähe, Distanz und der Mut, echt zu bleiben
Emotionale Abgrenzung ist kein Rückzug.
Sie ist die Bewegung zurück zu dir –dorthin,
wo du wieder spürst, was deins ist und was nicht.
Sie beginnt leise.
Nicht mit einem großen „Nein“,
sondern mit dem ersten Atemzug, der wirklich dir gehört.
Bei dir zu bleiben, auch wenn es eng wird, bedeutet, in deinem Körper zu bleiben,
während dein Kopf flüstert: Mach’s lieber allen recht.
Wenn du lernst, diesen Moment auszuhalten – das Zittern, das Unbehagen, das Herzklopfen –dann verändert sich etwas.
Du hörst auf, die Spannung zu vermeiden und beginnst, sie zu halten.
Und genau da, in dieser inneren Präsenz, verändert sich auch die Beziehung um dich herum.
Der andere muss dich nicht mehr „spüren“, um sicher zu sein, dass du da bist.
Du wirst wieder eine eigenständige Kraft im System –kein Teil, der sich anpasst, damit das Ganze funktioniert, sondern ein Mensch, der in sich steht
und dadurch Verbindung erst möglich macht.
Denn Nähe entsteht nicht durch Verschmelzung, sondern durch zwei, die sich selbst halten können.
Vielleicht ist das die tiefste Form von Liebe:
Ich bleibe bei mir – und du darfst trotzdem da sein.
Dein nächster Schritt
Vielleicht fragst du dich gerade :„Wie lange will ich das noch aushalten ?“
Und vielleicht spürst du, dass du bereit bist, etwas zu verändern –auch wenn du noch nicht weißt, wie.
Manchmal brauchst du keine Antworten.
Du brauchst einfach einen ehrlichen Raum, in dem du dich wieder spürst.
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