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Die Lüge über Vermeider – und warum sie Verantwortung vermeiden

(Teil 2 der Blogserie: Der Kümmerer, der Vermeider und das Zusammenspiel der beiden)


Der leise Moment, der alles verrät

Sie sitzt mir gegenüber, nennen wir sie S.

Ordentlich, ruhig, gesammelt.

Die Sorte Mensch, die in ihrer Kindheit gelernt hat, „brauchbar“ zu sein.

Kein Drama.

Kein Lärm.

Kein Aufwand.


Aber als ich sie frage, warum sie ein wichtiges Gespräch mit ihrem Mann

nicht führt, passiert etwas in ihrem Gesicht.

Etwas Kleines.

Aber Eindeutiges.


„Ich weiß, ich müsste es sagen,“ beginnt sie,

„aber sobald ich ansetze … zieht sich in mir alles zu.

Als ob ich innerlich die Luft anhalte.“


Sie sagt es schnell, fast entschuldigend.


Und ich weiß sofort:

Das ist kein fehlender Wille.

Das ist kein Desinteresse.

Das ist kein „ich will nicht“.


Das ist ein Körper, der flüstert:

„Sag lieber nichts. Es könnte wehtun.“

Und genau hier beginnt die Wahrheit über Vermeidung.



Zitatträger mit dunkelblauem Hintergrund: „Viele Vermeider schweigen nicht, weil sie nichts fühlen – sondern weil sie zu viel fühlen.“ Symbolbild für emotionale Überforderung, Rückzug und innere Schutzmechanismen.
Manchmal ist Schweigen kein Abstand – sondern Überforderung. Ein Satz, der Menschen plötzlich verstehen lässt, was wirklich hinter Rückzug steckt.



Die Brücke zu Teil 1 – und warum sie hier wichtig ist

Im ersten Teil der Serie ging es um die Kümmerer:


👉 „Wenn andere keine Verantwortung übernehmen – und du dafür zahlst“



Dort erkläre ich:


  • warum manche Menschen zu viel Verantwortung tragen

  • warum sie schneller handeln, als sie fühlen

  • warum sie denken, dass alles zusammenfällt, wenn sie nicht eingreifen


Der Vermeider steht am anderen Ende dieses Spektrums.

Nicht, weil er nichts trägt,

sondern weil Verantwortung für ihn eine Bedrohung darstellt.

Während der Kümmerer in die Beziehung hineinzieht,

zieht sich der Vermeider zurück.


Beide meinen es gut.

Beide wollen Verbindung.

Beide tun das Falsche – aus Angst.


Und genau dort treffen sich ihre Geschichten.



Warum Vermeider sich zurückziehen – die echte Dynamik

Menschen, die Verantwortung vermeiden, tun das nicht, weil sie:

  • faul sind

  • unreif sind

  • keine Lust haben,

sondern weil sie überfordert sind.

Überfordert von der Intensität, die Verantwortung in ihnen auslöst:

  • mögliche Ablehnung

  • möglicher Streit

  • möglicher Kontrollverlust

  • mögliches Scheitern

  • mögliche Schuld

Vermeider spüren Konflikte nicht weniger – sie spüren sie stärker.


Ein Kümmerer denkt: „Der kümmert sich nicht!“

Ein Vermeider denkt: „Ich mache alles schlimmer, wenn ich was sage.“


Das Ergebnis?

Schweigen.

Rückzug.

Komplikationen.


Die Logik des Vermeiders lautet:

„Wenn ich mich entziehe, bleibt die Beziehung stabil.“


Doch in Wahrheit führt genau dieser Rückzug zu Instabilität,

weil Nähe ohne Worte nicht gehalten werden kann.




Was im Körper eines Vermeiders passiert – Nervensystem statt Charakter

Hier liegt der Schlüssel.

Wenn Verantwortung auftaucht, beginnt ein körperlicher Prozess:

🔹 1. Bedrohungssignal (Amygdala-Alarm)

Das Gehirn stuft die Situation als Gefahr ein.

🔹 2. Stressreaktion (Sympathikus)

Der Puls steigt.

Der Atem wird flach.

🔹 3. Shutdown (Dorsale Abschaltung)

Der Körper fährt runter:

  • Blick entzieht sich

  • Schultern senken sich

  • Stimme wird klein

  • Wegrutschen aus dem Gespräch

Das ist kein Wollen.

Das ist Biologie.

Wenn du das tiefer verstehen willst, ist dieses Video perfekt


Der Vermeider: Warum Konflikte für viele keine Entscheidung, sondern ein Überlebensmuster sind. In diesem YouTube-Video erkläre ich, wie Vermeidung entsteht, welche Rolle Herkunftssysteme spielen und warum dein Nervensystem oft entscheidet, bevor du sprechen kannst.


Warum der Vermeider oft denkt, dass er „falsch ist“

Viele Vermeider tragen diesen Satz in sich:

„Mit mir stimmt etwas nicht.“

Denn sie sehen:

  • andere Menschen reden einfach

  • andere Menschen streiten einfach

  • andere Menschen sagen ihre Meinung

  • andere Menschen übernehmen Verantwortung

Und sie…?

Gefroren.

Überwältigt.

Unsicher.


Die Wahrheit?


Sie sind nicht falsch.

Sie sind nicht schwach.

Sie sind geschützt.



Zitatgrafik zum Thema Verantwortung vermeiden: „Verantwortung übernehmen heißt nicht, laut zu werden – sondern wahr.“ Symbol für authentische Selbstverantwortung, Beziehungskommunikation und die Angst vieler Vermeider vor Konfrontation.
Wahrheit braucht keine Lautstärke. Nur den Moment, in dem du aufhörst, dich selbst zu verlassen.



Der Vemeider meidet nicht dich – er vermeidet jemanden aus seiner Vergangenheit

Die wichtigste Frage lautet:

„Wem galt deine Vermeidung zuerst?“


Den wenigsten Menschen heute.

Aber vielen damals.

  • Einem Elternteil, der bei Konflikten explodierte.

  • Einer Mutter, die Harmonie über alles stellte.

  • Einem Vater, der das letzte Wort hatte.

  • Einer Familie, die Gefühle nicht aushielt.

  • Einem Geschwisterkind, das keine Kritik ertrug.

Vermeidung ist ein Erbstück der Herkunftsfamilie.

Nur merkt man das erst, wenn man hinschaut.

Zitatgrafik von Mariangela Carta zum Thema Verantwortung vermeiden: „Du vermeidest nicht den Konflikt. Du vermeidest die Gefühle von damals.“ Symbol für Konfliktvermeidung, alte Schutzmuster, emotionale Überforderung und Vermeider-Verhalten.
Es ist selten der Konflikt im Heute. Es ist das Gefühl von damals, das wieder zu laut wird und dich schweigen lässt.



Der magnetische Tanz zwischen Kümmerer und Vermeider

Hier schließt sich der Kreis zu Teil 1.

Der Kümmerer sagt:

„Ich helfe dir, ich übernehme das.“


Der Vermeider hört:

„Du bist nicht gut genug. Ich mach’s besser.“


Der Vermeider sagt nichts –

nicht, weil er nicht will,

sondern weil er hofft, niemanden zu verletzen.


Der Kümmerer hört:

„Du kümmerst dich nicht um mich, du kümmerst dich um nichts und es ist dir egal.“


Und beide denken:

„Ich gebe alles – und bekomme nichts zurück.“


Wenn du diese Dynamik besser verstehen willst,



Verantwortung übernehmen – die Angst vor den Konsequenzen

Viele Vermeider kämpfen mit diesen Sätzen:

  • Was, wenn ich etwas Falsches sage?“

  • „Was, wenn er verletzt reagiert?“

  • „Was, wenn wir streiten?“

  • „Was, wenn ich schuld bin?“


Aber die schlimmsten Gedanken sind oft:

  • „Was, wenn er mich verlässt?“

  • "Was, wenn sie mich nicht mehr mag oder böse auf mich ist?"

  • „Was, wenn ich nicht genug bin?“

  • „Was, wenn wir uns nicht mehr mögen?“

Verantwortung fühlt sich für sie an wie ein Dominoeffekt:


Ein Satz → Ein Konflikt → Eine Katastrophe.


Aber das stimmt nicht.

Das ist die Vergangenheit, die Zukunft spielt.



Wie man Verantwortung lernen kann – ohne überrollt zu werden

Hier kommt der praktische Teil. Ein bisschen weg vom Vermeider in die Rolle des Nicht-Vermeidenen


Schritt 1: Nicht Perfektion – Präsenz

Vermeider müssen nicht mutig sprechen.

Nur bleiben.


Schritt 2: Klein anfangen

Ein einziger Satz reicht:

  • „Ich bin gerade überfordert.“

  • „Ich möchte bleiben, brauche aber kurz.“

  • „Ich weiß nicht, wie ich anfangen soll.“


Schritt 3: Die Geschwindigkeit reduzieren

Rückzug ist ein Reflex.

Kein Charakterzug.

Vermeider brauchen Zeit.

Pausen.

Atmung.

Raum.


Schritt 4: Loyalitätskonflikte erkennen

Wem diene ich, wenn ich schweige?

Und was ist der Preis?



Die Geschichte von S. geht weiter - gamechanger

Zwei Wochen später bekomme ich eine Nachricht von S.:

„Mariangela, stell dir vor, ich habe zum ersten Mal gesagt:

‚Ich brauche kurz, aber ich möchte darüber sprechen.‘

Er war überrascht.

Ich war stolz.

Und wir hatten das ruhigste Gespräch seit Jahren.“

Es ging nicht um Perfektion.

Es ging um Präsenz.

Und Präsenz ist der Anfang von Veränderung.



Achtung Teil 3 – der Schmerzpunkt, der heilen will

Und jetzt kommt der Teil, auf den viele von euch schon gewartet haben.

Teil 3 erscheint nächsten Mittwoch auf meinem Blog

und er wird der emotionalste und herausforderndste Teil dieser Serie.


Denn dort geht es um genau das,

was Kümmerer und Vermeider seit Jahren miteinander verbindet

und gleichzeitig voneinander trennt:

  • Warum Kümmerer und Vermeider sich finden – und warum das kein Zufall ist.

  • Warum sie sich gleichzeitig retten und verletzen – oft im selben Atemzug.

  • Warum beide glauben, sie hätten Recht – obwohl sie einander nicht hören.

  • Warum beide leiden, obwohl Liebe da ist – tiefer, echter, echter als sie zugeben.

  • Und wie man diese Dynamik entgiftet, ohne jemanden zu verlieren.


Teil 3 ist der Moment, an dem viele meiner Leser*innen zum ersten Mal verstehen werden, warum sie in ihren Beziehungen immer wieder an denselben Punkt kommen.


Und ja – auch dieser Teil bekommt ein eigenes Video.


👉 Das YouTube-Video zu Teil 3 erscheint ebenfalls am Mittwoch

Wenn du keinen Teil dieser Serie verpassen möchtest, trag dich hier ein


Wenn ein alter Schutz zu eng wird

Vielleicht war dieser Text für dich nur ein Text.

Oder er war ein Spiegel.

Oder er war der Moment, in dem du gemerkt hast,

dass Rückzug nicht mehr deine einzige Sprache sein muss.


Wenn du beim Lesen gespürt hast,

wie etwas in dir leise geworden ist –

oder lauter –dann ist das kein Zufall.

Das ist das Zeichen,

dass ein altes Muster merkt,

dass es nicht mehr alleine sein muss.


Und wenn du möchtest,

dass der Vermeider in dir nicht länger bestimmt,

wie nah du gehst,

wie ehrlich du wirst

oder wie viel Platz du dir im Leben nimmst…


… dann begleite ich dich gerne ein Stück:



Und wenn du erst einmal nur hören möchtest,

wie sich Mut in allerkleinsten Schritten anfühlt –

ohne Druck, ohne Tempo, ohne Erwartungen:

Ein kleiner Moment,

der dich jeden Montag daran erinnert,

wie Nähe wieder geht.

Wie du wieder gehst.

Zu dir.


Denk daran, du bist nicht allein!




📌 Disclaimer

Dieser Artikel dient der Aufklärung und ersetzt keine medizinische oder psychotherapeutische Behandlung.

Bitte wende dich bei starken oder anhaltenden Symptomen an eine:n Fachärzt:in oder approbierte:n Psychotherapeut:in.


Ich begleite dich im Rahmen meiner Zulassung als Heilpraktikerin für Psychotherapie mit einem klaren Fokus auf Verbindung, Stabilität und ganzheitlicher Begleitung.


📞 In akuten psychischen Krisen erreichst du den psychiatrischen Krisendienst unter 0800 – 655 3000 (kostenfrei und rund um die Uhr).Weitere Infos unter: www.krisendienste.bayern

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